Samstag, 24. Februar 2007

Muss ich erst austreten?

Das Band wird immer dünner. Aber es ist noch da. Fein gewebt, über Jahre meiner Jugend. Quasi mit der Muttermilch eingesogen. Und dem Vaterfläschchen weitergegeben. Aber das Band bekommt Risse. Und bald habe ich keine Argumente mehr, mit denen ich den Faden noch irgendwie flicken könnte. Argumente haben dagegen andere. Mixa und Co. Ach ja.

Meine Mutter, meine Schwester, meine Schwägerin, Freundinnen. Sie alle sind also Gebärmaschinen. Nach katholischer Definition. Und überhaupt ist Frau von der Leyen scheinbar die Anti-Christin schlechthin. Weil die Eltern von rund 1/3 der deutschen Kinder (in Worten: ein Drittel) die Möglichkeit haben sollen, sich entscheiden zu können - Ganztagsfamilie oder Teilzeitkrippe.

Ich hadere immer mehr. Mit den rot-Hauptbedeckten, für die Familie ein Begriff ist. Nur vom Alltag haben sie immer noch nichts mitbekommen. Sehen wir mal ganz ab von den Familien, in denen alleinerziehende Mamis und Papis täglich das Haus verlassen, weil sie Geld verdienen müssen. Sehen wir von tagsüber verwaisten Haushalten ab, in denen Mama und Papa arbeiten müssen, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Nein, schauen wir einfach mal auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Flexibel sollen wir sein. Dem internationalen Vergleich standhalten. Und immer schön schnell auf Veränderungen reagieren. Zum Beispiel auf Insolvenzen. Auf Kurzarbeit. Auf Schließungen von Redaktionen. Auf Gewinnwarnungen. Auf zurückgezogene Aufträge. Auf Jobsuche. Egal in welche Richtung meines Umfeldes ich schaue, eines habe ich in den vergangenen Jahren gelernt: Allein die Vernunft bestimmt, dass beide Partner einen Job haben sollten, damit letztendlich zumindest von einem Gehalt die Miete bezahlt werden kann.

Aber was interessiert das einen Kirchenmann? Der quasi eine Lebensstelle hat? Dessen (Pfarr-)Haus vom Arbeitgeber gezahlt wird. Der nicht Windeln wechseln muss, während er eigentlich gerade eine Predigt schreiben wollte. Der 24 Stunden/7 Tage für seine Gemeinde da sein sollte. Aber nicht eine Stunde für seine Familie aufbringen muss.

Das Band wird immer dünner. Langsam gehen mir die Argumente aus, warum ich immer noch in dieser Altherren-Kirche bin. Zum Reißen gespannt.

P.S. Und ganz nebenbei. Nur damit es nicht unerwähnt bleibt. Ich arbeite gerne. Und das ist, finde ich, verdammt noch mal mein gutes Recht.

Freitag, 23. Februar 2007

Der Fast-Verzicht

Da Rosa einem an Karneval-Leidenden als Fluchthelferin zur Seite stehen musste, hier nun ein Nachtrag zu Aschermittwoch. Gespräch eines Ehepaares, wortlautgetreu:

Sie: "Wie lange genau ist eigentlich die Fastenzeit, 40 Tage, oder?"
Er: "Warum?"
Sie: Ich dachte, ich verzichte dieses Jahr vielleicht auch einmal auf etwas..."
Er (ganz ernst): "Auf Widerworte?"
Sie (leicht irritiert): "Wieso auf Widerworte?"
Er: "Ich dachte, es soll ja auch weh tun."

Diese Ehe ist noch keine zwei Jahre alt. Das kann ja noch heiter werden. Hoffentlich.

Sonntag, 18. Februar 2007

Alaaf, Helau und vorbei

So, jetzt ist auch gut. Zwei Tage und Nächte Rollenwechsel. Und viele neue Erfahrungen.
Männer können nähen. Zumindest Affen an Piratenhemden. Dafür finden sie Nagellack scheiße, beziehungsweise zumindest Nagellackentferner. Und natürlich nur dann, wenn er die Farbe auf ihren Fingern in die Haut treibt, statt sie einfach nur abzutragen. Frauen sollen sich ruhig weiter mit der Chemie auf der Haut quälen.
Ich hingegen weiß jetzt, dass ich auf Feten lieber eine Frau bin. Oder zumindest einfach nur kein Mann, der Jacket und Fliege trägt. Wobei ein Charlie-Chaplin-Stock durchaus praktisch ist, um sich auf der Tanzfläche Platz zu verschaffen. Und notfalls kann frau damit auch auf die Finger hauen.
Ich weiß jetzt aber auch, manche mögen`s blond. Ich nicht. Mein Selbstversuch als Agnetha mit langem, blonden Haar hat es bewiesen - ich bleibe brünett. Zumindest sind die Sprüche dann nur blöd, aber nicht vollkommen platt. Aber Plateauschuhe sind mir immer noch lieber als Fliegen um den Hals. Bei ersteren weiß ich wenigstens, dass ich sie auskriege. Bei letzteren habe ich kurzfristig überlegt, die reine Seide zu zerschneiden und meinem Papa schlichtweg eine neue zum anstehenden Geburtstag zu schenken. Ich hab' die Fliege dann einfach angelassen. Neuer Halsschmuck quasi. Und Erinnerung an Karneval. Denn jetzt ist er für mich vorbei. Genug getanzt und gefeiert. Und die Musik bitte schön leiser. Könnte ich noch 'nen magenfreundlichen Kamillentee haben? Jetzt ist auch wirklich gut.

Mittwoch, 14. Februar 2007

Zum Valentinstag

Robert Gernhardt

Verdrehter Kopf

Das muss ich erst hinterfragen, sagt der Kopf
Ich glaube, sagt die Liebe

Das kann ich so nicht stehen lassen, sagt der Kopf
Ich vertraue, sagt die Liebe

Das wird mich Kopf und Kragen kosten, sagt der Kopf
Ich liebe, sagt die Liebe

Und wenn alle so dächten wie du? fragt der Kopf
Komm, sagt die Liebe

Ich weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht, klagt der Kopf
Am Arsch, sagt die Liebe.

Montag, 12. Februar 2007

Einstürzende Erinnerungen

Es ist weg, einfach weg. Ohne Vorwarnung. Das können die da doch nicht machen. Die da in meiner alten Heimat. Und da, wo meine komplette Jugend lang ein Schwimmbad stand, stehen wahrscheinlich demnächst langweilige Einfamilienhäuser. Und die Liegewiese wird zum Vorgarten-Idyll. Jetzt erst einmal steht da gar nichts mehr. Ja doch, ein Bauzaun. Fast hätte ich im vorbeifahren vor lauter Schreck einen Unfall gebaut. Ansonsten: ein Loch. Einstürzende Erinnerungen.
*Jahrelang hat mir meine mittlere Schwester vorgehalten, dass ich mich mit ihr nicht ins Wasser getraut habe. Stattdessen bin ich dann ohne Nachzudenken den bunt lackierten Fußnägeln meiner Cousine ins Wasser gefolgt.
*Schul-Schwimmen. Morgens um acht. Ertrinken oder Wachwerden. Den Rest des Tages roch der Unterricht nach Chlor.
*Ich bin bis heute überzeugt, dass unser schöner Sportlehrer einfach nur schön war. Schwimmen konnte er nicht. Oder seine Farbe war nicht wasserfest. Denn im Becken habe ich den nie gesehen.
*Ja, meine Heimat war eine Stadt, aber auch ein Dorf. Deswegen wurden irgendwann Schwimmbad-Diskoabende eingeführt. Kind, geh abends nicht alleine durch den Park nach Hause. Gibt es furchtbareres für eine 13-Jährige als von den Eltern abgeholt zu werden, wenn der Schwarm fast den gleichen Heimweg hat?
*Höhenangst. Diskussionen mit meinem Vater, wie leicht es sei, vom Dreier zu springen. Und das es überhaupt nicht weh täte. Immer und immer wieder ist er gesprungen. Er war damals der König der Arschbomben. Das hat mich überzeugt.
*Die erste größere Liebe. Eigentlich hätten mir in der Anfangszeit Schwimmhäute wachsen müssen.
* Schwimmen mit Neffen und Nichten. Ohne lackierte Fußnägel. Stattdessen als Katapult. "Wirf mich noch ma' durch die Luft". Muskelkater.

Alles vorbei. Das Schwimmbad ist weg. Jetzt gibt es einige Kilometer weiter ein Spaßbad. Mir hat ein Schwimmbad immer vollkommen gereicht.

Donnerstag, 8. Februar 2007

Beziehungs-Tausch

Ich bin unromantisch. Völlig pragmatisch veranlagt. Oder einfach gefühlskalt. Gestern flatterte eine Hochzeitseinladung ins Haus. Natürlich mit Saint-Exupéry-Zitat, wie es sich für Verliebte gehört. Verliebte aller Welt und immer wieder. Jaja, man schaut einander nicht an in der Liebe, sondern man blickt gemeinsam in eine Richtung. Mal ehrlich, ich bin wirklich gerne verheiratet, würde es sogar immer wieder wagen (zumindest mit diesem Mann), aber die Liebe und die Ehe, das ist ein Tausch-Geschäft.

Sie: "Im Kino läuft Little Miss Sunshine."
Er: "Keine Ahnung, was fürn Film das ist. Nix französisches? Okay, schauen wir uns mal an."
Drei Tage später.
Er: "Der neue Rocky-Film soll gar nicht so schlecht sein."
Sie: "Ein alter Mann mit zerdötschtem Gesicht in der Midlife-Crisis, der es sich noch einmal beweisen will und das muss dann vom Computer überarbeitet werden, damit es einigermaßen aussieht?"
Er: "Der soll wirklich gut sein. Läuft demnächst was französisches?"
Sie: "Okay, du warst ja mit in Little Miss Sunshine. Besuchen wir also Rocky Balboa."

So geht das mit Karnevalsfeten und Nordseeurlauben, mit Konzerten und Eishockey-Spielen, Lachsfilet und Rumpsteak, Sportschau gegen Gilmore Girls. Und was soll ich sagen: Ihm hat Little Miss Sunshine richtig gut gefallen. Vielleicht schwärme ich demnächst ja von Rocky. So ist das, ganz pragmatisch. Liebe eben.

Freitag, 2. Februar 2007

Alles nur Schein!

Sie war das Vorbild meiner Kindheit. Sie hatte alles, was ich haben wollte. Schließlich plante ich ihr Leben. Sie hatte eine schöne Wohnung (der Clou: ein Telefon aus einem Knickstrohhalm und einem Radiergummi, das sie in Händen halten konnte. Ich habe quasi das schnurlose Telefon erfunden!). Sie hatte ein Auto (in weiser Voraussicht für meine Vorlieben hat mein Bruder ein tretbares Gaspedal in die Lego-Spezialanfertigung eingebaut). Sie hatte eine Tierarztpraxis. Manchmal auch einen Job als Lehrerin. Oder sie arbeitete in einer Buchhandlung. Je nach Laune hatte sie ein oder zwei Kinder. Und einen Hund. Und ein Pferd. Und alle Zeit der Welt, um zu tun, was sie tun wollte. Und trotz erheblichen Schlafdefizits brauchte sie keine Augencreme. Barbie sah immer gut aus. Mein Stress bekam ihr.
Was meine Barbie allerdings nie hatte, war ein Mann. Zumindest keinen festen. Meine Freundinnen (Zwillinge) hatten alles mindestens doppelt. In ihrer Schublade stapelten sich die Männer. Das heißt, meine Barbie konnte sich zeitweilig einen aussuchen und ausleihen. Und wiederum zurückgeben, wenn sie seines überdrüssig wurde. Oder sie gerade andere Pläne verfolgte. Ich war schon immer praktisch veranlagt.
Aber nie, wirklich nie, hätte meine Barbie geheiratet. Vor allem nicht diesen aalglatten Ken, dessen Haare aussahen, als wären sie durch tonnenweise Gel fest betoniert worden. Mit seinem nicht vorhandenen Hintern, geschweige denn anderen wichtigen Körperteilen, und dem Zahncremelächeln eines Skilehrers. Bitte, das überzeugte ja nicht einmal eine Fünfjährige! Und dann diese Vorliebe zu rosa, die zumindest meine Barbie nicht teilte… Und seitdem mir meine Mutter erklärte, was schwul ist (Warum hat der Onkel keine Frau? Weil er lieber Männer mag. Geht das denn? Ja. Ach so.), war ich überzeugt dass die Kens in ihren komischen Anzügen und rosa Cabrios auch schwul seien. Was ich sehr praktisch fand, weil Barbie sie sich dann ohne schlechtes Gewissen als Freunde ausleihen und abends nach Hause schicken konnte.
Was sich Mattel nun dabei denkt, nach 46 unehelichen Jahren aus den engen Freunden Barbie und Ken ein Brautpaar zu machen (klar, sie denken an Verkaufszahlen, aber ich meine ideell – eine Scheinehe? Wird es wenigstens auch ein schwules Hochzeitspaar geben?), ist mir schleierhaft. Aber immerhin trägt Ken eine rosa Fliege und einen rosa Kummerbund zum Smoking. Ob Barbie als Scheidungsanwältin auch schon in Planung ist?

Mittwoch, 31. Januar 2007

Identitätskrise

The same procedure as every year. Morgen beginnt der Februar. Das heißt, sie rollt unaufhaltsam auf mich zu. Die Karnevalswelle. Und stürzt mich in eine tiefe, tiefe Krise. Eine Identitätskrise. Das können nur Rheinländer nachvollziehen. Die Gedanken, die einen ab Mitte Januar quälen. Man kann an fast nichts anderes mehr denken. Wer bin ich? Wer werde ich sein? Wird man mich erkennen? Und dann steht vor allem Frau wieder vor ihrem Kleiderschrank. Und hat nix passendes zum Anziehen. Für ihr zweites Ich. Und eine neue Frisur oder komplett andere Haare müssen her. Es ist eine schwere Last, dieses versteckte zweite Ich der Rheinländer. Bis es dann endlich herausgelassen wird. H E L A U! Ach nein, ich wohne ja jetzt weiter südlich. A L A A F! Das war der Startschuss für die Suche nach meinem anderen Ich.
Eine Freundin hat vorgeschlagen, wir sollten doch irgendwie im Duo gehen, so wie die Kessler-Zwillinge oder die Jacobs-Sisters. Aber irgendwie fühle ich mich in diesen Rollen nicht wirklich heimisch. Also wird weitergesucht. Favoriten:
  • King Kong und die weiße Frau. Im Affenkostüm kann man sich schließlich so schön unerkannt daneben benehmen (Was ein Spaß, blöde Typen vertreiben). Und die weiße Frau ist garantiert sicher.
  • Dick und Doof. Die Rollenverteilung kann allerdings zur Belastungsprobe für die Freundschaft werden.
  • Siegfried und Roy. Vor dem Unfall. Da können wir auch ungehemmt Prosecco schlürfen. Und blöde Sprüche wie "Du Tiger du" fängt das Plüschtier auf der Schulter ab.
  • Bonnie und Clyde. Ich wäre so gerne Gangsterbraut. Oder auch Gangster. Kollegen merkten allerdings an, ich solle ja in eine andere Rolle schlüpfen. Also etwas weniger martialisches.
  • Agnetha und Annafrid. Emanzipierte Frauen brauchen (zumindest an Karneval) keine Bennys und Björns. Und silberne Plateaustiefel und blau-grüner Lidschatten würden mich schon sehr reizen.

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