Gute Vorsätze sind furchtbar. Ich halte sie so gut wie nie ein. Deshalb rege ich mich jetzt auch auf, nur ganz kurz, versprochen. Mehr lohnt sich ja eigentlich wirklich nicht.
Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, mich nicht über Frau H. aufzuregen. Ist ja eh alles nur Show, damit sie ihr Buch besser vermarkten kann (das machen ja heute alle so. Ohne Provokation scheint in diesem Land ja keiner mehr was zu lesen).
Aber langsam reichen mir die Thesen von Eva, diese Rippe hätte sich Adam wirklich sparen können. Und da die liebe Frau H. schon in der Bild am Sonntag von gestern lauthals fordert, Frauen sollten doch einfach mal öfter ihren Mund halten, will ich heute nur sagen: genau, liebe Eva. Und um mich nicht weiter aufzuregen, zitiere ich jetzt einfach jemand anderen, denn treffender könnte ich es auch nicht sagen:
Es wäre ganz wichtig, dass sich das mal rumspricht: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten. (Dieter Nuhr)
So, und das sage ich als Frau über 30, die also aus dem besten Alter laut Frau H. ja eh schon raus ist, als Frau die keine Kinder hat und deshalb in diesem Land ja eigentlich sowieso gar nicht mehr ihren Mund aufmachen dürfte.
Stellt sich mir nur noch die Frage: Hat vielleicht Frau H. auch etwas damit zu tun, dass ich immer noch keinen neuen Ikea-Katalog bekommen habe (dabei können doch nur wir Frauen ein Heim wirklich heimelig machen), stattdessen aber einen Katalog vom Otto-Versand, der komplett dem Thema "klitzeklein" gewidmet ist?
RosasWelt - 4. Sep, 10:41
Es ist schon wieder passiert. Irgendwann bringt mich meine Ungeduld noch einmal wirklich in Schwierigkeiten. Aber wenn frau täglich Bahn fahren muss, dann ist Geduld eine wirklich sehr, sehr große Tugend. Und mit Tugenden hatte ich es noch nie so wirklich.
Also, Köln Hauptbahnhof. Vor mir eine Oma, deren Koffer ungefähr so groß ist wie sie selbst. Für mal eben übers Wochenende zu den Enkeln. Wahrscheinlich bekommen die ein neues Kinderzimmer geschenkt. Zumindest schon beim Anblick des Verhältnisses - Koffer=Oma - wird klar, die Idee, in den Zug zu steigen, kann nicht funktionieren. Und schon gar nicht schnell. Dummerweise stehe immer ich hinter solchen Omis, wenn ich gerade in einen Zug hinein oder aus einem heraus will. Und dann steht Omi da, ächzt wie der D-Zug vom Gleis nebenan und versucht sich im Gewichtsheben über drei Stufen.
Ich will ja kein Unmensch sein. Und außerdem will ich schnell voran. Also hebe ich Omas den Koffer in den Zug oder auch wieder hinaus. Jetzt ist es mir schon wieder passiert. Und dann dachte ich: Oh Gott, das haben die jetzt aufgenommen.
Nein, nicht mit der versteckten Kamera. Also doch, schon eigentlich mit einer versteckten Kamera, aber nicht die mit den peinlichen Filmen aus dem Fernsehen. Sondern mit der, auf die nette Sicherheitsleute bei der Bahn schauen müssen. Und auf derem Film hebt die junge Frau im unübersehbaren roten, halblangen Mantel einen Koffer in den Zug, steigt aber nicht selbst ein, sondern aus.
Mal ganz abgesehen von so naheliegenden Überlegungen wie - war ich gekämmt, habe ich wenigstens freundlich gelächelt, hätte ich doch lieber was dunkles zu meinem Teint anziehen sollen - hoffe ich nun, dass der Zug heil angekommen ist. Und die Omi. Und ihr Koffer. Und vor allem hoffe ich, dass ich nie aus Versehen auf einem Fahndungsfoto lande, weil ich einen Koffer in einen Zug gehoben habe, ohne selber mitgefahren zu sein.
Entweder, beim nächsten Mal mache ich unübersehbare Handzeichen, dass dies der Koffer jener bestimmten Omi ist und hole mir Zeugen dazu, oder Omi muss ihren Koffer selber hieven. Das würde auch meinen Rücken entlasten.
RosasWelt - 2. Sep, 19:54
Es gibt Dinge im Leben, um die man sich eigentlich immer drücken möchte. Wurzelspitzenentfernungen beispielsweise (obwohl ich zugeben muss, ich habe einen sehr, sehr einfühlsamen Kieferchirurgen mit Fingerspitzengefühl im wahrsten Sinne des Wortes). Oder Bewerbungen.
Ich hasse das. Ich stelle mich durchaus gerne vor. Und ich lasse sogar freiwilig Portaitfotos von mir machen (obwohl ich noch nicht wirklich überzeugt bin, das Personaler beim Anblick meines Geburtsdatums und Geschlechts vielleicht lieber ein Ultraschallbild hätten, das beweisen würde, dass ich garantiert nicht und möglichst auch nie...aber das ist jetzt nicht einmal mehr sarkastisch, sondern sogar richtig böse). Aber Bewerbungen schreiben? Ich weiß schon, warum ich nicht in der Werbe- und PR-Branche arbeite.
Aber schlimmer noch als das Formulieren wohlgesonner Zeilen, die mich ins beste Licht rücken, ist mein innerer Rotstift. Es ist ganz furchtbar, und manchmal befürchte ich, meine eigentliche Berufung wäre das Lehrerdasein. Aber nein, das darf kann gar nicht sein. Trotzdem, ich kann keine Ausschreibungen, Stellenangebote, Filmabspanne lesen, ohne laut aufzujaulen, wenn ich Rechtschreibfehler entdecke. Meine Schwester (diesmal die mittlere, irgendwann mache ich mal eine Aufstellung) hat sich früher schon immer geweigert mir Briefe zu schreiben, weil sie glaubte, ich würde diese korrigieren.
Nein, so schlimm ist es nicht (kriege ich deswegen derzeit keine Emails mehr? Hallo Freunde: Ich achte da wirklich nicht auf Rechtschreibung, ganz ehrlich!)
Aber wenn ich dann die Ausschreibung eines großen Unternehmens vor mir liegen habe, wie jetzt, und überlege, was ich wohl wohlformuliertes fabulieren könnte und ungefähr 23-Mal darüber lese, weil ich weiß, dass Bewerbungen mit Fehlern sofort aussortiert werden, dann muss ich immer wieder auf das eine Wort im Stellenangebot starren:
"Eine große Aufgabe mit Potzential."
Habe ich Potzential? Gut, ich kann verstehen, wenn man sich der neuen Rechtschreibung verweigert. Ich glaube auch, dass ich sowohl über Potential als auch über Potenzial verfüge. Oder sollte das etwas mit dem Pot zu tun haben? Dann habe ich kein Potzential, ich bin nämlich Nichtraucherin.
Ich versuche jetzt ganz tapfer darüber hinwegzusehen und die Bewerbung zu schreiben. Und sollte jemand hier Rechtschreibfehler finden, ich freue mich ja über fast jede Post!
RosasWelt - 30. Aug, 09:10
Manche Komplimente möchte man sich rahmen:
Mit dir wird es einem nie langweilig!
Na, wenn ich was versprechen kann, dann das!
RosasWelt - 26. Aug, 15:14
Rosa hat Schwächen. Damit kann sie gut leben. Rosa ist ungeduldig (zack-zack, weiterlesen!). Rosa ist launisch (von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt in nur 2 Sekunden!). Rosa gibt gerne den Ton an (was dagegen, häh?). Irgendwie halt - obwohl sie natürlich überhaupt nicht an so einen Hokuspokus glaubt - ein typischer Löwe. Rrrr...auuuu!
Aber positive Eigenschaften? Zwei ihr sehr nahestehende Menschen (ja, ihr seid gemeint!) haben sich jetzt unabgesprochen für eine entschieden: kontaktfreudig. Aber eben dieses Wort haben beide so ausgesprochen, als ob Brennnessel drumherum gebunden gewesen wären. "Du bist eben, tja, kontakt...mh...freudig."
Wie bitte schön, soll ich das jetzt deuten? Wer mich früher nicht kannte, kann es sich vielleicht kaum vorstellen. Aber bis zu meinem 18. Geburtstag galt ich außerhalb des engsten Freundeskreises als schüchtern. Mein Allheilmittel gegen diese Charakteristka war ein schlichtes: ein Block. Als kleine Praktikantin in der Lokalredaktion einer Tageszeitung zog ich mit eben dem bewaffnet los. Und hatte plötzlich einen Schutzwall. Ich durfte nicht nur, nein, ich musste neugierig sein. Und ich durfte nicht nur, ich musste alles fragen. Die blockierende Schüchternheit verflog innerhalb kürzester Zeit.
Heute bin ich "kontakt...mh...freudig". Heute brauche ich keinen Block, um Leute wahllos anzuquasseln. Ob sie wollen oder nicht. Aber ich finde "offen" klingt schöner. Und das lässt sich außerdem auch nur schwierig mit so einem undeutbaren Unterton aussprechen ;-) .
RosasWelt - 24. Aug, 20:58
Das liegt ja alles noch soooooooo weit weg. Dachte ich bis gestern. Dann habe ich aufs Datum geschaut. 19.8.2006. Das heißt: Jetzt kommt es ganz nah. Gestern in einem Monat oder übermorgen in vier Wochen sitze ich im Flieger, so zumindest die Planung.
Und dann hat es angefangen. Dieses Kribbeln. Es steckt vorerst noch in den Zehen, aber innerhalb der nächsten Woche krabbelt es langsam hoch, bis in den Magen und irgendwann erreicht es den Kopf, der setzt dann aus. Glücklicherweise reise ich nicht allein. Aber ich verreise, wirklich, in vier Wochen. Kanada, wir kommen!
Das heißt, langsam müssen mal die Vorbereitungen beginnen. Was muss man eigentlich vorbereiten? Australien plumpste mir in diesem Jahr aus so heiterem Himmel vor die Füße, dass da nix war mit Vorbereitungen. Oh doch, ich habe einen
Badeanzug gekauft...
A propos: Ich war wieder im gleichen Geschäft. Für Kanada. Aber in der Outdoor-Abteilung läuft nur männliche Bedienung herum. Und die bedient am liebsten die männliche Bergsteigerklientel, mit denen man besser fachsimpeln kann. "Also das microporöse Klimalaminat der Beschichtung lässt die Körperfeuchtigkeit entweichen und vermindert ihre Kondensationsbildung." Okay, Frauenproblemen sind solche Fachkräfte einfach nicht gewachsen. Das ließen zumindest die Gesichtszüge des Herren erahnen, den ich naiv und leicht genervt fragte, warum es Damen-Doppelfunktionsjacken nur in so schrecklichen neon-grün und oh-schreck-rot-Farben gibt. Ich möchte den Indian Summer sehen und nicht völlig geblendet von meinen Klamotten gegen einen Baum laufen.
Und gut, sollte ich einen Bären sehen und er erschreckt sich vor mir statt ich mich vor ihm, wäre das wohl eine lebensrettende Maßnahme. Ich habe mich dann aber doch für ein leicht verstecktes, aber schön schlichtes (das scheint ein Problem in solchen Läden zu sein) Modell in dunkelblau entschieden. Und sehe aus wie ein Eskimo.
Schön warm ist sie auf jeden Fall. Und - jetzt wieder der Experte - "die verschweissten Nähte garantieren eine wasserdichte Funktionskleidung". Zu einem Schönheitswettbewerb wollte ich damit auch nicht. Aber was soll das heißen "wasserdicht bei einer mindestens 2000 mm Wassersäule". In Kanada wird es nicht regnen, oder?
Aber die Jacke hat, neben dem unschlagbaren Aspekt, dass sie sogar für Rosa-Frostschutz-Verhältnisse kuschelig warm ist, eine wirklich überzeugende Eigenschaft. Sie ist atmungsaktiv. Nur für den Fall, dass es mir selbigen beim Anblick der Niagara-Fälle (Oh, Wasser!), eines Wales oder Kanadas generell einfach mal verschlagen sollte.
RosasWelt - 20. Aug, 10:31
Heute im Büro. Genüsslich trinke ich meinen Kaffee...
(wobei Genuss: Kennt jemand noch diese braunen Kaffeeautomaten, die früher auf dem Schulhof standen. Genau so einer spendet bei uns - gegen Geldeinwurf - Kaffee. Genießbar ist eigentlich nur der Cappuccino, weil süß. Und jedes Mal wenn ich vor dem Ding stehe, habe ich das Gefühl, gleich muss ich wieder zur Mathestunde. Und es drückt sich garantiert auch immer wie zu Schulzeiten jemand um den Automaten herum, der eigentlich nur unentdeckt schnell eine rauchen will. Allerdings gibt es bei unserem Automaten keine "Heiße Brühe"-Taste. Daran merke ich, ich bin doch noch im Jetzt.)
...weiter mit der Geschichte. Ich sitze also im Büro, wie eigentlich immer, da sagt mein Kollege zu mir: "Schau nicht so sarkastisch." Ich habe einen Moment überlegt, dann geantwortet: "Ich lächel doch nur." Er: "Ja, aber sarkastisch." Ich also ab ins Damenklo vor den Spiegel. Und was soll ich sagen - ich sah aus wie immer. Das habe ich dann auch meinem Kollegen gesagt. Er darauf: "Ja wie immer, eben sarkastisch."
Ich und sarkastisch? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich nehme grundsätzlich alle Menschen um mich herum immer vollkommen ernst. Ironie und Zynismus sind Fremdworte, die ich im Duden nachschlagen muss. Aber nachdem ich ungefähr 17 Mal im Damenklo vor dem Spiegel gestanden habe, muss ich zugeben: Ich glaube ich bin sarkastisch. Manchmal.
RosasWelt - 15. Aug, 22:39
Ich wollte ganz kritisch sein. Ich bin schließlich keine 20-jährige Holländerin, die sich im Bikini vor eine Bühne stellt und "Amaze me" fordert. Und schließlich würde da vorne auf der Bühne nur ein kleiner Engländer mit Bauchansatz stehen. Der auch noch zu viele Tatoos hat. Der ein Jahr jünger ist als ich. Der quasi in meiner Parallelklasse hätte sein können. Wenn ich in der Nähe von Manchester gewohnt hätte. Jungs aus meinem Jahrgang fand ich ja schon immer blöd.
Und überhaupt: Das ist doch nur ein Popstar. Der es toll findet, von kleinen Mädchen angehimmelt zu werden. Mit perfekt einstudierter Show. Und netten Posen. Und die Eintrittskarten kosten auch noch ein Schweinegeld. Ich wollte ja wirklich standhaft sein.
8.8.2006, Köln, Jahnwiesen, 21.00 Uhr. Auf der Bühne wird es dunkel. Dann eine fünfteilige Ton-Licht-Folge. Da-da-da-da-da. Er hat mich. Da-da-da-da-da. Eine unheimliche Begegnung der dritten Art, Kinoerinnerung vom Anfang der 80er Jahre (
meine älteste Schwester müsste sich erinnern). Er ist halt fast mein Jahrgang ;-).
Dann lächelt er auch noch. Das sollte er sich patentieren lassen. Er springt über die Bühne, in die Zuschauermenge hinein, holt sich Schilder ("You are fuckin brilliant" - Kann man das irgendwo unterschreiben?). Tanzt als Engländer mit der Deutschlandfahne herum, denn wenn schon nicht die Engländer, dann hätten wir Weltmeister werden sollen. (Ist ja gut, Robbie, wir lieben dich auch).
Und der Bauchansatz? Zu viel Wiener Schnitzel und deutsche Würstchen, sagt er. Na, aber sein wir doch mal ehrlich. So ein Mann ohne Bauch ist wie ein Baum ohne Ast, oder wie ging der Spruch noch einmal? Außerdem kommen die Tatoos (okay, netter Anblick) so viiiiiiiel besser zu Geltung.
Aber so einfach bin ich nicht, mit einem Lächeln und einer Portion Charme kriegt man mich nicht. Da muss Mann schon mehr bieten. Oh Gott, er ist witzig. Ironisch, manchmal sogar richtig schön sarkastisch. Er verarscht die Faninnen (über die ich gerade noch gelästert habe), um sich dann selbst zu verarschen. Und er hasst Take That (wir haben immer mehr gemeinsam). Und er kann Grimassen schneiden, wunderbare Schmollmünder, schräge Fratzen. Mut zur Hässlichkeit. Und er hat Augen (soweit man das aus 300 Metern Entfernung sehen kann), die lächeln können. Alarmglocken! Und dann muss ich auch noch feststellen: Er kann wirklich singen. Gut singen, was schreib ich da, richtig gut singen. Pop, Swing, egal. Diese Stimme. Jetzt ist es zu spät. Jetzt bin ich total verfallen. Ich bin ein Fan. "Yeah" schreie ich übrigens schon seit 21.01 Uhr.
Der Eintrittskarten-Abreißer war übrigens auch ein sehr zartfühlender Mensch. Ganz vorsichtig hat er meinen Robbie von der Eintrittsberechtigung abgelöst. Das Bild kann also wieder in meine Küche. Mein erster Vor-dem-Kaffee-Blick ist gerettet.
RosasWelt - 9. Aug, 08:31