Montag, 2. April 2007

Heldinnen meiner Jugend

Es ist kaum zu fassen. Gestern hatte sie Geburtstag, eine der ersten Heldinnen meiner Jugend, mein Vorbild. Rein rechnerisch müsste sie jetzt also 177 Jahre alt sein. Ist sie aber nicht. Denn sie bleibt immer die Kleine. Also ist die Kleine Hexe auch 50 Jahre nachdem ihre Geschichte als Buch erschien, immer noch klein. Und erst 127 Jahre alt. Grund genug, die Heldinnen meiner Jugend einmal zu würdigen:

1. Die Kleine Hexe. Man hat's nicht leicht als Kleinste. Das Schlimme daran ist - man wird es immer bleiben. Die Kleinste. Als Jüngstgeborene und auch noch Nachkömmling weiß ich, wovon ich spreche. Mittags trifft sich die ganze Familie am Esstisch. Und alle haben sie etwas zu erzählen. Die große Schwester von der Führerscheinprüfung, die mittlere Schwester von einem Reitturnier, der Bruder von irgendwelchen Schulabenteuern. Wie soll man da bitteschön mit schnöden Kindergartengeschichten gegen ankommen? Mein Abraxas hatte vier Beine und war ein Hund. Aber auf Geschichten konnte er nicht antworten. Also galt doch, sich am Esstisch zu behaupten. So lernt man früh, laut zu reden. Und Geschichten schön auszuschmücken, damit es ganz aufregend klingt, wenn man davon erzählt, dass man im Kindergarten gelernt hat, Strammer Max zu "kochen".

2. Luzie, der Schrecken der Straße. Ihre Einschulung lag nicht weit von meiner entfernt. Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich das erste Schuljahr gerade hinter mir, als sie sich im Fernsehen auf ihre Schultüte vorbereitete. Ich wuste also schon, was auf sie zukommen würde. Aber ich konnte die Ungeduld, endlich auch dahin zu können, gut verstehen. Schließlich waren meine Geschwister schon alle da. Und es klang unheimlich wichtig (bei den Erzählungen am Esstisch, siehe oben). Abgesehen davon, hatten meine Geschwister oft auch keine Zeit oder auch mal keine Lust, mit so 'nem Zwerg zu spielen. Ich hätte also auch gerne zwei Knetmassen-Männchen wie Friedrich und Friedrich gehabt, die das Wohnzimmer mitten im Sommer in eine Eislaufbahn verwandeln. Aber dafür hatte ich ein Schaufenster. Nein, eigentlich drei. Also eigentlich gehörten die dem Geschäft meiner Eltern. Aber wenn keiner guckte, dann konnte ich da schnell in die Deko huschen. Und beispielsweise auf dem beinahe lebensgroßen, hölzernen Dekopferd auch mal ein Turnier reiten. Und Zuschauer gab es vor dem Schaufenster auch. Bis meine Eltern nachschauten, warum sich vor unserem Schaufenster eine kleine Menschentraube versammelte.

3. Die rote Zora. Einfach cool. So wollte ich auch sein. Und ich brachte die besten Voraussetzungen mit. Ich hatte rote Haare. Ich wollte auch eine Bande anführen. Gut, ich wollte nicht unbedingt ins Gefängnis. Und prügeln musste in echt auch nicht sein. Aber immerhin haben wir es in der Grundschule zu einer Bande gebracht. "Die Adler". Allerdings haben wir, soweit ich mich erinnere, gar nichts gemacht. Ach doch, wir hatten tolle Lederabzeichen, von denen ich bis heute nicht weiß, wofür die eigentlich gedacht waren. Irgendwas war eingestempelt. Irgendwas, was Marcos Eltern nicht mehr brauchten. Daran erinnere ich mich auch noch. Es gab einen Jungen in der Bande. Wenn sie Lederabzeichen haben, kann man Jungen schließlich in einer Bande gebrauchen. Und meine Schwäche für Dunkelharige schien auch damals schon ausgeprägt zu sein. Dass die rote Zora später zum Namen einer radikal feministischen Gruppe wurde ist Zufall. Aber passt auch irgendwie.

4. Die rote Saloon-Chefin. Die hätte ich in meinem jungen Alter wohl gar nicht kennen dürfen. Aber meine große Schwester hat dafür gesorgt, dass ich sie kennenlernte. Und toll fand. Und ein riesiges Selbstvertrauen bekam, unter dem heute mancher zu leiden hat. Denn bis zu dem zarten Vorschulalter wollte ich unbedingt die Haare meiner Schwester. Schwarz, dick und lang. Meine waren - wie beschrieben - rot. Und rothaarig sind nun mal eben Hexen. Und Bandenanführerinnen in den Bergen. Aber nie hübsche Frauen. War ich überzeugt. Bis mich meine große Schwester abends weckte (als meine Eltern aus waren) und mich zum Fernseher zitierte. Und da stand sie, leibhaftig, soweit das im Fernseher geht. Eine wunderschöne Rothaarige. Das beste aber: Sie sah nicht nur gut aus, sie war auch noch die Chefin vons Ganze. Der Saloon gehörte ihr, und die ganzen Blondinnen mussten nach ihrer Pfeife tanzen. Das gefiel mir. So wollte ich auch werden (zumindest, bis ich Jahre später herausfand, dass so ein Saloon ein Bordell ist. Da habe ich mir meine Berufswahl doch noch einmal überlegt.) Aber mit dem Ton angeben, das funktioniert meist schon ganz gut.

Rosas Welt

the world in my eyes

Aktuelle Beiträge

Dir ist schon klar, dass...
Dir ist schon klar, dass er in "Benny & Joon" nicht...
Lisa (Gast) - 12. Jun, 21:40
Bleibt alles anders?
Eines ist keines. Oder so. 12 Monate weg. Und irgendwie...
RosasWelt - 2. Jan, 22:26
Dat wor et.
War was? Habe ich irgendwas verpasst? Ups. Advent....
RosasWelt - 31. Dez, 18:27
Hohoho
Es wird Weihnachten. Unverkennbar. Eindeutiges Zeichen:...
RosasWelt - 14. Nov, 14:35
Ich finde, ab 35 ist...
Ich finde, ab 35 ist frau mittelalt. Irgendwie muss...
RosasWelt - 5. Nov, 16:28

Rosas Bücherregal

Isabel Rohner
KunstmörderIn

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6645 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 11. Feb, 12:43

Rosa Gezwitscher

Rosas Besucher

Globalisierung



Credits

powered by Antville powered by Helma

sorua enabled
xml version of this page

twoday.net AGB