Samstag, 2. Dezember 2006

Türchen Nr. 2

Das ist ja irgendwie ungerecht. Die Tür war schon auf. Aber immerhin, ich muss noch durch zwei dicke Plastikvorhänge durch, die die Kälte abhalten sollen. Das fühlt sich so ähnlich eklig an wie die im Schwimmbad, wenn man durch den kleinen Tunnel von drinnen nach draußen schwimmt. Aber heute habe ich mehr an. Sogar mehr als einen Lendenschurz, und dass obwohl ich in eine Art Paradies eintrete. Zumindest ist es ein Paradies, wenn man sieben Jahre oder so alt ist. Oder wenn man 33 ist, keine kleinen Kinder hat, und sich wie sieben fühlt. Nur größer. Das hat den Vorteil, dass ich auch in die oberen Regale gucken kann, an die ich mit sieben nie ran kam. Ich bin beim Puppenkönig.

Seit 130 Jahren werden hier Spielwaren feilgeboten und vor meinem inneren Auge rauscht gerade eine Mama im Biedermeierkleid vorbei, schön voluminös mit vielen Rüschen über den Hüften, und sucht nach einer porzellanenen Puppe für ihren Trotzkopf. In Wirklichkeit steht neben mir eine Mutter mit Jeans und Parka und lässt sich alle Spieluhren zeigen. "Es ist für einen kleinen Jungen, aber er mag alles was mit Tanz zu tun hat." Also, bleiben wir bei der Geschlechtertrennung. Die Spieldose mit der Ballerina will sie sich gar nicht erst zeigen lassen, aber ein kleiner, sich drehender Prinz oder Regenbogenfisch scheint auch jungentauglich. Ich bin schon wieder kurz davor mir, einfach aus Trotz nach einem Chemiebaukasten für meine Nichte zu fragen. Und Väter, ach die sieht man im Laden eigentlich nicht. Die stehen vor einem der elf Schaufenster und bestaunen - kleine Kinder eben - mit großen Augen die Lokomotive, die durch eine Berglandschaft juckelt.

Aber ich habe einen Auftrag. Tante 00-Ahnung ist im Auftrag ihrer jüngsten Nichte hier, die weiß es allerdings nicht. Und ich wusste vorher nicht, auf was ich mich bei der Geschenkauswahl eingelassen habe. Auf drei Etagen locken hier Ideen und ich kann mich kaum satt sehen. Playmobilritter reiten durch die eine Ecke, der Hase Felix packt gerade seinen Koffer (das gefällt mir), Piratenkostüme scheinen in diesem Karneval der große Hit zu werden, irgendein Kapitän angelt gerade mit seinem Schwert nach mir. Ach nein, ich bin nur mit dem Mantel hängen geblieben (und ich dachte schon Johnny Depp..., naja). Und dann komme ich in die Abteilung, die ich gesucht habe. Und will wieder laufen gehen.

Nicht, dass ich irgendwas gegen Rosa habe. Der Name ist frei gewählt. Aber die Farbe... Hier braucht man keine ebensolche Brille, hier wäre frau froh, sie würde irgendeinen andersfarbigen Lichtblick erhaschen. Aber es kommt noch schlimmer. Ich dachte jahrelang, Barbies wären furchtbar. Das kann nur jemand sagen, der Prinzessin Lillifee nicht kennt. Ein komplettes Kinderzimmer haben sie nachgebaut. Rosa Kleidchen, rosa Stifte, rosa Bettchen, rosa Schultornister, rosa Teppich, rosa....ich kann nicht mehr. Leicht geknickt und desillusioniert verlasse ich mit einem rosa-Röschen-Hula-Hoop-Reifen das Paradies. Den Weg zur Bahn nehme ich durch das Bonner Loch. Die Plastiktüren fallen hinter mir zu, jetzt brauche ich einfach ein bisschen reellen, harten Alltag.

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