Es ist ja nicht so, dass ich ständig in den Genuss kommen würde, im ICE zur Arbeit zu fahren. Dafür muss schon ein halber Wirbelsturm über das Vorgebirge ziehen und Spargelplane auf Oberleitungen wehen (sind das vielleicht die Ableger von dem Sturm der mich nach Oz tragen sollte?). Nun gut, manchmal aber geschehen solche Zeichen und Wunder. Dann darf ich Freitagmorgens am Bahnhof nicht nur neben den Typen vom FC Irgendwas am Gleis stehen und mir Trinksprüche anhören, sondern mit ihnen in den Zug steigen. Nur das ich zur Arbeit fahre, während sie den Sauerlandstern oder den Flieger nach Malle anstreben.

Dann steigt man in den ICE und muss feststellen: Schlimmer geht immer. Zum Beispiel, wenn man zwischen eine Horde fröhlicher Gerdas, Anitas und Hannelores gezwängt wird, die den schon leicht angewärmten Mumm in Plastik-Sektkelche schütten und sich gackernd "Stößchen" zurufen. Und hinterher noch Helau! rufen. Zu einer Uhrzeit, in der mein größtes Glück noch aus einem Pappbecher besteht, der Bahnhofskaffee vielleicht schon meinen Magen, das Koffein aber noch nicht meinen Kopf erreicht hat.

Wie übersteht man so eine halbstündige Fahrt ohne sich selbst zu betrinken? Und ohne den Gutgelaunten mit leicht aggressivem Ton beizubringen, dass das hier gefälligst Alaaf heißt (so weit ist es mit mir schon gekommen: ich trinke Kölsch und denke Alaaf).

Die Lösung ist denkbar einfach: Man suche sich einen sympathisch-wirkenden Studenten (Hoffnung für die Jurisprudenz: Es gibt Rechtswissenschaft-Studierende mit Humor und Sarkasmus!) und beginne fröhlich zu Lästern. Wenn man es dann noch schafft, keinen Mumm in den Schoß geschüttet zu bekommen, kann dem nahenden Wochenende doch nichts Ungutes mehr drohen!

Da fällt mir übrigens schon wieder eine Szene aus Down Under ein. Im Tilt-Train sitzen, Berge und Ananasfelder bestaunen, nach Känguruhs Ausschau halten, den Kopfhörer zum Zug-eigenen-Radioprogramm einstöpseln und dann hört man: Dschingis Khan! Braucht man da noch Worte?