Daheim am Rhein

Mittwoch, 31. Januar 2007

Identitätskrise

The same procedure as every year. Morgen beginnt der Februar. Das heißt, sie rollt unaufhaltsam auf mich zu. Die Karnevalswelle. Und stürzt mich in eine tiefe, tiefe Krise. Eine Identitätskrise. Das können nur Rheinländer nachvollziehen. Die Gedanken, die einen ab Mitte Januar quälen. Man kann an fast nichts anderes mehr denken. Wer bin ich? Wer werde ich sein? Wird man mich erkennen? Und dann steht vor allem Frau wieder vor ihrem Kleiderschrank. Und hat nix passendes zum Anziehen. Für ihr zweites Ich. Und eine neue Frisur oder komplett andere Haare müssen her. Es ist eine schwere Last, dieses versteckte zweite Ich der Rheinländer. Bis es dann endlich herausgelassen wird. H E L A U! Ach nein, ich wohne ja jetzt weiter südlich. A L A A F! Das war der Startschuss für die Suche nach meinem anderen Ich.
Eine Freundin hat vorgeschlagen, wir sollten doch irgendwie im Duo gehen, so wie die Kessler-Zwillinge oder die Jacobs-Sisters. Aber irgendwie fühle ich mich in diesen Rollen nicht wirklich heimisch. Also wird weitergesucht. Favoriten:
  • King Kong und die weiße Frau. Im Affenkostüm kann man sich schließlich so schön unerkannt daneben benehmen (Was ein Spaß, blöde Typen vertreiben). Und die weiße Frau ist garantiert sicher.
  • Dick und Doof. Die Rollenverteilung kann allerdings zur Belastungsprobe für die Freundschaft werden.
  • Siegfried und Roy. Vor dem Unfall. Da können wir auch ungehemmt Prosecco schlürfen. Und blöde Sprüche wie "Du Tiger du" fängt das Plüschtier auf der Schulter ab.
  • Bonnie und Clyde. Ich wäre so gerne Gangsterbraut. Oder auch Gangster. Kollegen merkten allerdings an, ich solle ja in eine andere Rolle schlüpfen. Also etwas weniger martialisches.
  • Agnetha und Annafrid. Emanzipierte Frauen brauchen (zumindest an Karneval) keine Bennys und Björns. Und silberne Plateaustiefel und blau-grüner Lidschatten würden mich schon sehr reizen.

Samstag, 11. November 2006

Ich will in die Service-Wüste

Deutsche Dienstleister haben es schwer. Sie haben sich nun mal als Standort ihres Treibens die Service-Wüste Deutschland ausgesucht. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Was bin ich froh darüber!

Nein, ich habe nichts gegen ein freundliches Lächeln einer Verkäuferin, eine nette Stimme am anderen Ende einer Hotline oder ein bisschen Humor, wenn ich quasi blind vor dem Regal stehe, das ich suche. Aber nach Einkaufs-Erfahrungen aus aller Herren Länder weiß ich auch: Ich brauche niemanden, der mir immer schon die Papiertüte bereithält; niemanden, der mit in die Umkleidekabine kommt, um zu sehen wie die Hose denn nun passt, und niemanden, der mir mit quasi eingebranntem Lächeln zu jeder Tages- und Nacht-Zeit die Tür aufhält. Was ich aber noch viel weniger brauche, sind deutsche Kaufhäuser, die plötzlich den Service-Gedanken entdecken.

Karstadt Bonn, Rosa hat einen freienTag und gute Laune. Glück gehabt, lieber Dienstleister. Beim Betreten des Kaufhauses also steuert Rosa zielsicher auf den Wegweiser an der Treppe zu. Der wird von zwei Herrschaften im schwarzen Anzug versperrt (ganz kundenorientiert: ein Mann für die Dame, eine Frau für den Herrn). "Kann ich etwas für Sie tun?" Grundsätzlich ja kein schlechter Ansatz, deshalb wurde das vielleicht etwas pampig klingende "Ja, den Blick auf den Wegweiser frei geben" auch runter geschluckt. Ganz ruhig, immer lächeln. Die Maxime sollte auf beiden Seiten gelten. "Danke, wo finde ich denn Terminplaner?" "Gleich hier im Erdgeschoss."

Damit wäre ich glücklich gewesen. Aber nein, die Kundin ist ja Königin. Und deswegen kann der neue Serviceleister sie nicht einfach von dannen ziehen lassen. "Ich bringe Sie dort hin". Ganz ehrlich, wenn ich einen männlichen Begleiter beim Einkaufen brauche, finde ich schon einen, den ich dazu verdonnern kann. Aber einem Wildfremden durchs Kaufhaus hinterherzudackeln entspricht eben so überhaupt nicht meiner Art. "Nein danke, nicht nö..." Da war er schon fort, und sprach mich auch aus einigen Metern Entfernung immer noch an. Okay, bevor es noch peinlicher wird, einfach hinterher.

Vorbei an den Wandkalendern, gerade "ganz aktuell eingetroffen", dem "ganz, ganz leckeren" Marzipan und der Schokolade, die gerade im Angebot ist. Eine Kaffeefahrt durchs Kaufhaus - aber ich habe weder gebucht noch bezahlt. Und ich habe trotzdem nur das Jahr 2007 für meinen Terminplaner genommen.

Vielleicht sollte ich doch mehr online einkaufen.

Sonntag, 5. November 2006

Reinfall

Früher, als ich noch jung war, habe ich mal kurz über ein Tattoo nachgedacht. Eine kleine Rose auf dem Schulterblatt vielleicht, oder eine kleine Sonne an Stellen, die nur wenigen vorbehalten gewesen wären. Aber an den Verlauf des Rheins auf meinem Hinterteil hätte ich auch trotz tiefster Verbundenheit mit dem Rheinland im Leben nicht gedacht. Heute morgen bin ich aber eben damit aufgewacht. Und es sieht aus, als ob der Maßstab ziemlich genau eingehalten worden wäre.

Es gab immer einige Argumente, die gegen ein Tattoo sprachen. Freiwillig Schmerzen leiden. Eine Bindung auf immer und ewig eingehen. Rosen, die mit den Jahren zu Bäumen heranwachsen. Was natürlich kein Problem ist, wenn die künstlerische Leistung von vorneherein so groß ist, dass sie mit den Jahren nur noch kleiner werden kann.

Aber das Letzte, was ich je haben wollte, war ein Arschgeweih. Aber eines, dass ausieht wie ein Flusslauf, wäre mir noch nicht einmal in den Sinn gekommen.

Also, meine neue Körperverzierung war eine ziemlich spontane, gar ungeplante Anschaffung. Das kräftige Blau hebt sich von meinem blassen Winterteint gut ab. Und wie es sich für einen anständigen Hautschmuck gehört, tat seine Einprägung auch entsprechend weh. Das einzige Gute an meinem neuen Begleiter, bei dessen Anblick im Spiegel ich doch ein wenig erschrak, ist: Er verzieht sich von selber. Also quasi ein Fluss, der plötzlich austrocknet. Das heißt, mein Hinterteil wird in den kommenden Wochen aussehen, wie ein langsam trocken gelegtes Flussbett. Erst kommt ein bisschen Grün zum Vorschein (stellvertretend für Moss und Flusspflanzen) und dann viel Gelb (Sand). Und ich hoffe, in zwei Wochen bin ich wieder Tattoo-frei. Und kann mich wieder nach dem Sport unter die Dusche wagen.

Übrigens: Mein Tätowierer ist kein wirklich erfahrener, empfehlenswerter Experte. Statt einer Nadel benutzt er einen Stein. Wenn man also ein Ruderboot aus dem Rhein herausträgt, weil das Wasser so niedrig steht, dass man nicht an den Steg heran kann, sollte man sich ganz genau anschauen, wem man seinen Körper anvertraut. Aalglatte, in der Hand vielleicht schön geformte Steine, eignen sich wohl hervorragend zum Übers-Wasser-Hüpfen-lassen. Mein zartes Hinterteil aber würde ich ihm nicht ein zweites Mal anvertrauen. Denn manche Exemplare werden äußerst ungern getreten, vor allem im November, wenn sie eigentlich glauben, endlich Ruhe vor Badegästen zu haben. Stützt man sich trotzdem vertrauensvoll auf sie, barfuß, dann lassen sie sich einfach in den Rhein treiben. Und den Körper obenauf mit. Der treibt allerdings weniger, er plumpst. Auf einen anderen Stein. Dann nur noch zehn Stunden warten, dann sind die Klamotten wieder trocken und der Po ist ein Kunstwerk.

Montag, 31. Juli 2006

Darum ist es am Rhein so schön

Die Wolken türmen sich zu riesigen Gebirgen, darunter verfärbt sich der Himmel. Irgendwer hat eine Palette rot auf dem blauen Hintergrund verschüttet. Ganz hinten schimmert es rosé, die Wolken wirken fazinierend bedrohlich in Dunkel-Lila. Die Sonne rutscht ganz langsam, als würde sie schmilzen, hinter die Bonner Remigiuskirche, knall-orange, so muss Blutorangen-Eis aussehen. Und drumherum zerläuft alles in sämtlichen rosa-rot Tönen, die ich mir vorstellen kann. Und der Rhein glitzert, als würde er brennen.

Wozu Kölner Lichter oder Bonner Rhein in Flammen, wenn ein Sonnenuntergang schon solche Farbspiele zaubern kann.

Da werden selbst eiserne Ladies schwach. Ich glaube, ich habe laut geseufzt. War heute sonst noch irgendwas? Ärger, welcher Ärger? Deshalb heißt die Kneipe mit dem tollen Ausblick also Rheinlust. Schön.

Montag, 3. April 2006

Zuckerpuppe

Früher, ach früher. Früher war alles besser. Da gab es beim Bäcker noch Apfeltaschen OHNE Zuckerguss (ich hasse diese aalglatte Oberfläche, die letztendlich klebrig-zuckrig nicht mehr von den Fingern abgeht. Ich würde immer einen Berliner einem Amerikaner vorziehen. Aber okay, das wird hier jetzt kein politischer Diskurs - zurück zum Thema), beim Konditor gab es drinnen noch Fortuna-Brötchen und auf der Terrasse schnodderte eine Bedienung Mitte 50 einen an: "Draußen nur Kännchen!"

Heute hat man im Cafe die Wahl zwischen Espresso Macchiato und Latte Moccacino, die Bedienung ist Mitte 20 und extrem gelangweilt, und auf der Terasse gibts nur Kuchen mit - PUDERZUCKER!

Okay, ich gebe zu, hätte mich vorher jemand vor die Wahl zwischen Zuckerguss und Puderzucker gestellt, ich hätte garantiert letzteres gewählt. Aber nicht auf einer Terasse am Rhein, die so zügig ist, dass Vivienne Leigh hier ihre Inspiration zu "Vom Winde verweht" hernahm.

Ich frage mich wirklich, welche Aussage man dem Gast mit Puderzucker auf einem Stück Mandel-Kirschkuchen mitgeben möchte. Schön, dass Sie ihr Geld hiergelassen haben, beehren Sie uns nie wieder? Oder ein Gruß vom Koch: Ey, Zuckerpuppe, heute schon was vor, wenn du mit Duschen fertig bist?

Man stelle sich das einfach mal bildlich vor. Dunkelbraune (natürlich frischgewaschene Hose), dunkle Jeansjacke (natürlich frisch gewaschen, der Frühling hat ja gerade erst angefangen). Beim ersten Stückchen Kuchen auf der Gabel sieht die Hose aus, als seien Pepita-Muster gerade wieder hochmodern. Beim zweiten Happen denke ich: "So muss sich Kate Moss nach einer Niesattacke fühlen." Und als der Kuchen endlich auf ist, beendet ein älteres Paar abrupt seinen Spaziergang, weil ihm das Wetter im April doch zu wechselhaft ist - in Bonn 15 Grad und Sonne, im Siebengebirge schneit es!

Bitte, bitte liebe Gastronomen, merkt Euch eines: Wer seine Gäste liebt, der siebt - und zwar den Puderzucker nur auf Kuchenstücke für drinnen. Und die Terrasse am Rhein sowie die gelangweilte Bedienung bekommen diesen Sommer vielleicht noch eine Chance: Wenn ich ganz in weiß spazieren gehe. Aber nur, wenn sie kein Schokopulver auf den Milchcafe streuen!

Montag, 13. März 2006

Willkommen!

Berlin, Berlin, wer will schon nach Berlin? 608 000 Gäste wollten im vergangenen Jahr nach Bonn. Fragt sich nur: Warum? Ich glaube, ich habe die Lösung gefunden. Denn so wie in Bonn wird man in keiner anderen deutschen Stadt begrüßt. Wer hierhin reist, macht eigentlich eine Zeitreise.

Denn mal ehrlich, wer kann diese notorisch schein-erotischen Frauenstimmen in Zügen und an Bahnhöfen schon noch ertragen, die einen mit zuckersüßer Stimme auch wirklich ganz, ganz herzlich willkommen heißen. Und wenn sie den nächsten Halt ansagen, erwartet man ob so viel samtweicher Hingabe doch immer irgendeinen Hinterhalt. Vielleicht doch lieber aussteigen, wer weiß, vielleicht wird Zuckerpüppchen gleich zickig und der Zug fährt an meiner Station durch?

Dann schon lieber aussteigen in Bonn. Wer sich hier - aus Versehen oder gar in voller Absicht - nämlich aus dem Zug traut, wird rheinisch-charmant, aber männlich begrüßt. Also, nicht zu viele Worte, kommen wir ohne Umschweife zum Ziel der Reise. Und einen Moment lang befürchtet frau, dass vielleicht der Fahrgast hinter ihr ihr jetzt noch einen freundlich-kräftigen Schlag auf die Schulter gibt.
Hier Bonn Hauptbahnhof, hier Bonn Hauptbahnhof.
Mehr nicht, aber das sagt ja auch alles. Als ich das erste Mal in Bonn ankam, dachte ich, hier würde ein Film gedreht, das Wunder von Bern II oder so. Die Stimme erinnert so sehr an Stimmen der 50er Jahre (die ich, zugegebenermaßen, nur aus Filmen kenne), dass ich erwartet habe, Adenauers Limousine würde gar nicht im Haus der Geschichte stehen, sondern jeden Moment vor dem Bahnhof an mir vorbeifahren. Ich hätte auch ganz bestimmt gewunken!

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